Über die Klimakrise sprechen (Psychologie und gesellschaftliches Engagement #3)

Shownotes

Wenn wir über die Klimakrise sprechen, möchten wir, dass unser Gegenüber die Ursachen, Konsequenzen und Lösungsmöglichkeiten dieser globalen Herausforderung versteht. Doch reines Faktenwissen reicht nicht aus, um Verständnis zu wecken oder gar zum Handeln zu motivieren. Oft geht es erst einmal darum, die richtigen Fragen zu stellen, zuzuhören und die Beweggründe unseres Gegenübers zu verstehen, bevor wir in den Dialog über die Klimakrise gehen können. Und dann ist vor allem eine Vision von einer anderen Zukunft gefragt, zu der jede:r Einzelne etwas beitragen kann.

Die Umweltpsychologin Lea Grosse von klimafakten.de verrät im Gespräch mit unserer Kollegin Daniela Baum, welche psychologischen Faktoren wir für eine gelingende Klimakommunikation beachten müssen. Außerdem gibt sie uns sechs Take-aways mit auf den Weg, die wir in der transformativen Bildung und im Alltag einsetzen können.


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Die von den eingeladenen Gäst:innen vertretenen Meinungen und Positionen geben nicht zwingend die Ansichten von Germanwatch wieder.


Idee: Daniela Baum

Redaktion: Elisa Thomaset

Schnitt: Franca Bruder

Musik: perplex


Diese Folge wurde gefördert von Engagement Global mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie von der Postcode-Lotterie.

Transkript anzeigen

00:00:00: Lea Grosse: Ich glaube, das ist einer der unglaublich wichtigen Hebel bei guter Klimakommunikation,

00:00:05: Lea Grosse: wirklich eine zuhörende und offene Haltung einzunehmen,

00:00:10: Lea Grosse: um das Verhalten, die Einstellungen, die Werte von den Menschen,

00:00:16: Lea Grosse: die wir gegenüber sitzen, besser zu verstehen und von dort aus zu schauen,

00:00:19: Lea Grosse: was ist unsere gemeinsame Basis eigentlich.

00:00:23: Elisa Thomaset: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Zukunftsfähig,

00:00:26: Elisa Thomaset: der German Watch für eine nachhaltige globale Gesellschaft.

00:00:30: Elisa Thomaset: In unserer aktuellen Reihe überlegen wir, wie Psychologie und gesellschaftliches

00:00:34: Elisa Thomaset: Engagement zusammenhängen.

00:00:36: Elisa Thomaset: Heute unterhält sich unsere Kollegin Daniela Baum aus dem Bereich Bildung für

00:00:40: Elisa Thomaset: nachhaltige Entwicklung, kurz BNE, mit der Umweltpsychologin Lea Große darüber,

00:00:45: Elisa Thomaset: was eine gelingende Klimakommunikation ausmacht.

00:00:49: Elisa Thomaset: Lea arbeitet für klimafakten.de und entwickelt dort vor allem Trainings für

00:00:53: Elisa Thomaset: genau das, Denn über Klima so zu sprechen, dass sich daraus Verständnis und

00:00:57: Elisa Thomaset: bestenfalls sogar Handeln für

00:00:59: Elisa Thomaset: den Klimaschutz ergibt, ist gar nicht so einfach. Aber man kann es lernen.

00:01:04: Elisa Thomaset: Wie das gelingt und warum es sich lohnt, dazu auf die psychologischen Hintergründe

00:01:08: Elisa Thomaset: zu schauen und sich zu überlegen, wie wir dieses Wissen in unserer eigenen Kommunikation

00:01:12: Elisa Thomaset: Anwendung anwenden können, erfahrt ihr in dieser Folge. Also bleibt dran!

00:01:16: Daniela Baum: Hallo Lea, ich freue mich sehr, dass du heute in unserem virtuellen Podcaststudio

00:01:21: Daniela Baum: zu Gast bist und ich mit dir über Klimakommunikation sprechen kann.

00:01:25: Lea Grosse: Hallo Daniela, ich freue mich auch sehr, dass wir sprechen können.

00:01:29: Daniela Baum: Lea, du arbeitest bei klimafakten.de und ihr habt euch auf die Fahnen geschrieben, über Klima zu sprechen.

00:01:37: Daniela Baum: Klima, wir sprechen darüber, das ist euer Slogan.

00:01:41: Daniela Baum: Und du selbst bist Umweltpsychologin, wie bist du dann eigentlich dazu gekommen,

00:01:46: Daniela Baum: dich mit Klimakommunikation zu beschäftigen?

00:01:49: Lea Grosse: Ja, ich glaube, das ging vor allem über private Erfahrungen,

00:01:57: Lea Grosse: die ich, wie wahrscheinlich sehr,

00:02:00: Lea Grosse: sehr viele Menschen, die diesen Podcast jetzt hören, im familiären Umfeld und

00:02:06: Lea Grosse: mit Freunden Freundin gemacht habe,

00:02:09: Lea Grosse: in dem ich erzählt habe,

00:02:12: Lea Grosse: dass ich Umweltpsychologie studiere und auch viel immer mit Menschen über die

00:02:19: Lea Grosse: Klimakrise und Klimaschutz gesprochen habe und gemerkt habe,

00:02:23: Lea Grosse: dass obwohl Menschen mir unglaublich nahe sind und eigentlich die gleichen Einstellungen

00:02:31: Lea Grosse: haben wie ich und an sich auch für Klimaschutz sind, sich in ihrem Verhalten nichts verändert.

00:02:38: Lea Grosse: Deshalb hat mich diese Frage immer so umgetrieben, was bringt denn wirklich

00:02:42: Lea Grosse: was, um Menschen zu klimafreundlich und klimaschützendem Handeln zu bewegen.

00:02:52: Lea Grosse: Und ich habe da im Studium der Umweltpsychologie total viel darüber gelernt,

00:02:58: Lea Grosse: wie man Menschen anregen kann, ihr Verhalten zu ändern.

00:03:04: Lea Grosse: Aber Klimakommunikation ist da natürlich nur ein Teil davon.

00:03:08: Lea Grosse: Deshalb fand ich es besonders spannend.

00:03:11: Lea Grosse: Beziehungsweise, Was ich dann gemerkt habe, ist, wenn ich Gespräche anders führe und...

00:03:19: Lea Grosse: Nicht diesen Fehler mache, einfach Leuten zu erzählen,

00:03:24: Lea Grosse: was ich schon alles weiß über die Klimakrise oder was es für tolle Maßnahmen gibt,

00:03:29: Lea Grosse: um das Klima zu schützen, sondern eher mal eine nachfragende Haltung einnehmen

00:03:34: Lea Grosse: und versuche mal zu verstehen, was die andere Person eigentlich bewegt,

00:03:38: Lea Grosse: dass sich dann halt was verändert.

00:03:39: Lea Grosse: Und deshalb finde ich das Thema Klimakommunikation so unglaublich spannend.

00:03:44: Daniela Baum: Hast du da so ein konkretes Beispiel aus deiner Kommunikation im privaten Bereich,

00:03:50: Daniela Baum: wo du vielleicht auch auf Granit gebissen hast, quasi, weil du eigentlich dachtest,

00:03:56: Daniela Baum: das müssen die Leute doch verstehen, oder warum regen die sich jetzt so auf?

00:04:00: Daniela Baum: Und hast du also keine Basis gefunden dann?

00:04:04: Lea Grosse: Ja, ich glaube, dass die Person,

00:04:08: Lea Grosse: die mir da am nahesten ist, also die Person,

00:04:12: Lea Grosse: an die ich dann immer sofort denken muss, ist mein Stiefvater,

00:04:16: Lea Grosse: Der ist Geschäftsführer von einem kleinen Unternehmen,

00:04:23: Lea Grosse: die machen Treppenläufe und er beschäftigt sich im Prinzip gar nicht mit Klimaschutz

00:04:33: Lea Grosse: oder der Klimakrise in seinem privaten Leben,

00:04:35: Lea Grosse: zweifelt auch oder hinterfragt,

00:04:39: Lea Grosse: was jetzt diese Maßnahmen bewirken sollen und fühlt auch sehr viel Ungerechtigkeit,

00:04:44: Lea Grosse: weil ja viele der Maßnahmen halt sich negativ auswirken auf sein Geschäft.

00:04:53: Lea Grosse: Und ich hatte vor allem frühe Phasen, in denen ich halt über nachhaltige Ernährung

00:05:00: Lea Grosse: versucht habe, Klimaschutz zum Thema zu machen in meiner Familie und habe da alles ausprobiert.

00:05:07: Lea Grosse: Ich habe mich total auf den Kopf gestellt, gesagt, ich esse nicht mit euch mit,

00:05:12: Lea Grosse: wenn es irgendwie Fleisch auf dem Tisch gibt.

00:05:15: Lea Grosse: Ich habe versucht, Gespräche zu führen. Ich habe versucht, mit einem guten Beispiel

00:05:20: Lea Grosse: voranzugehen und für alle was Tolles, Fleischloses zu kochen.

00:05:27: Lea Grosse: Und irgendwie hat sich halt nichts verändert oder es hat sich einfach verhärtet

00:05:31: Lea Grosse: die Debatte, je mehr ich versucht habe, ihn zu...

00:05:38: Lea Grosse: Zu klimaschützendem Verhalten zu überreden, sozusagen.

00:05:43: Lea Grosse: Und irgendwann habe ich dann einfach angefangen, Fragen zu stellen,

00:05:46: Lea Grosse: warum er eigentlich so einen Misstrauen hegt gegen die Politik und was er für

00:05:53: Lea Grosse: Schwierigkeiten hat im Alltag.

00:05:54: Lea Grosse: Und in den Gesprächen hat sich einfach mehr und mehr herausgestellt,

00:05:58: Lea Grosse: dass er eigentlich total für Klimaschutz ist, aber halt eben auch ein Arbeitgeber ist,

00:06:04: Lea Grosse: der seinen Arbeitnehmern den Lohn weiterzahlen muss und da einfach viel Frustration

00:06:09: Lea Grosse: erfährt und ich habe ihn auch als Person viel mehr angefangen zu respektieren,

00:06:14: Lea Grosse: weil das ist ein Mann, der nie in den Urlaub fliegt.

00:06:18: Lea Grosse: Ich kann mich nicht erinnern, wann er das letzte Mal in ein Flugzeug gestiegen ist.

00:06:23: Lea Grosse: Der konsumiert unglaublich wenig, der braucht nicht viel zum Leben.

00:06:27: Lea Grosse: Also eigentlich ist das ein Mensch, der sich schon sehr klimaschützend verhält,

00:06:33: Lea Grosse: ohne dass er das jemals nicht auf die eigene Flagge schreiben würde.

00:06:37: Lea Grosse: Und ich glaube, dadurch, dass er dann gemerkt hat,

00:06:40: Lea Grosse: dass ich ihm viel mehr Respekt zeige, was das angeht,

00:06:43: Lea Grosse: und sich diese Fronten nicht mehr und mehr verhärten, kamen dann auch mal so

00:06:47: Lea Grosse: Abende, an denen er für uns alle ja, einen Fleischersatz gekauft hat und es

00:06:52: Lea Grosse: dann halt nur vegane Burger gab und halt nicht gegrillt wurde.

00:06:58: Daniela Baum: War das für dich so ein Aha-Erlebnis zu erkennen? Ah, er will ja eigentlich auch Klimaschutz.

00:07:05: Lea Grosse: Ja, ich glaub, ich hab nie ...

00:07:09: Lea Grosse: Wahrgenommen oder hab nie geglaubt, dass er wirklich aktiv gegen Klimaschutz ist und ...

00:07:14: Lea Grosse: Alles dafür tut, dass es so weitläuft, wie's war. Oder wie's ist.

00:07:20: Lea Grosse: Ich bin aber lange davon ausgegangen, dass es ihm egal ist und dass er das nicht

00:07:23: Lea Grosse: ernst nimmt, was ich mache und bedürfe. Ich hör da so ein bisschen raus.

00:07:28: Daniela Baum: Vor allen Dingen ... dass es ja eigentlich auch eine sehr individualisierte

00:07:33: Daniela Baum: Ansprache braucht. Also eine, die wirklich sich mit den jeweiligen Menschen,

00:07:40: Daniela Baum: den Personen, dem, was sie so mitbringen, auseinandersetzt.

00:07:44: Daniela Baum: Was sind so die größten Herausforderungen in dieser Kommunikation über die Klimakrise?

00:07:51: Daniela Baum: Weil wir nicht so richtig ins Handeln kommen oder mehr ins Handeln kommen müssten.

00:07:56: Daniela Baum: Und die Klimakommunikation da durchaus eben so ein großer Hebel ist,

00:08:01: Daniela Baum: der halt eine große Rolle spielen kann dabei, ob die Menschen dann ins Handeln kommen.

00:08:07: Lea Grosse: Ich glaube, was aktuell eine sehr große Herausforderung immer noch ist,

00:08:13: Lea Grosse: ist, dass das Problembewusstsein sehr wohl schon da ist.

00:08:17: Lea Grosse: Also die meisten Menschen nehmen wahr,

00:08:21: Lea Grosse: dass die Klimakrise ein Problem ist und bezweifeln nicht mehr,

00:08:27: Lea Grosse: ob die menschengemacht ist oder nicht und sind auch der Meinung,

00:08:31: Lea Grosse: dass etwas getan werden muss.

00:08:36: Lea Grosse: In Gesprächen denken sich aber viele Menschen, dass sie einfach nur in Anführungsstrichen

00:08:42: Lea Grosse: genügend Faktenwissen brauchen.

00:08:47: Lea Grosse: Um ein Beispiel zu nennen, wenn ich eine Person davon überzeugen möchte,

00:08:52: Lea Grosse: nicht mehr so oft zu fliegen, dann muss ich erstmal wissen, wie viel Emissionen

00:09:00: Lea Grosse: ein Flug von Paris nach Bogota überhaupt ausstößt, wie viel man damit einsparen kann.

00:09:08: Lea Grosse: Was ich oder wir aber beobachten können, ist, dass Faktenwissen,

00:09:13: Lea Grosse: auch wenn es sehr detailliert ist und sehr,

00:09:17: Lea Grosse: sehr richtig platziert und an sich total überzeugend vorbereitet,

00:09:22: Lea Grosse: nicht dazu führt, dass die Person, die angesprochen wird, sich denkt,

00:09:27: Lea Grosse: ah ja, okay, jetzt verstehe ich das und gut, dann fliege ich jetzt nicht mehr so viel.

00:09:32: Lea Grosse: An genau dem Punkt greifen dann psychologische Mechanismen, die uns davon abhalten,

00:09:41: Lea Grosse: anzuerkennen, dass wir wirklich was ändern sollten, weil Änderung kostet immer ziemlich viel Energie.

00:09:47: Lea Grosse: Weil das Faktenwissen kommt bei mir an. Der Flug ist nicht gut für die Umwelt,

00:09:53: Lea Grosse: für das Klima und für meine Mitmenschen.

00:09:56: Lea Grosse: Aber ich möchte das ja trotzdem tun, weil ich vielleicht ja meine Tante den

00:10:00: Lea Grosse: Bogota besuchen möchte und es mir total wichtig ist, die einmal im Jahr zu sehen.

00:10:05: Lea Grosse: Und da sind meine Emotionen, meine Werte in Konflikt miteinander.

00:10:11: Lea Grosse: Und dann ist es sehr leicht, sich so eine Erklärung zurechtzulegen.

00:10:16: Lea Grosse: Was soll dieser einzelne Flug denn bewirken?

00:10:19: Lea Grosse: Das ist doch nicht so, naja, ich mache das ja nur einmal im Jahr.

00:10:22: Lea Grosse: Oder ich esse ja kein Fleisch, dann kann ich auch einmal im Jahr fliegen.

00:10:26: Lea Grosse: Und dann greifen solche Mechanismen, die wir halt psychologische Verzerrungen nennen,

00:10:32: Lea Grosse: die aber eigentlich total menschlich sind, weil sie uns einfach helfen,

00:10:38: Lea Grosse: unser Selbstbild nicht so verzerrt zu sehen und mit uns selbst im Einklang zu bleiben im Prinzip.

00:10:46: Lea Grosse: Und dann ist es halt sehr wichtig, da nicht sofort mit einer Anschuldigung zu

00:10:51: Lea Grosse: kommen und diese Person zu verurteilen,

00:10:54: Lea Grosse: weil die ja sowieso keine Lust hat auf Klimaschutz, sondern sich gemeinsam mit

00:10:58: Lea Grosse: ihr anzuschauen, woran das denn liegt, dass sie sich so verhält, wie sie sich verhält.

00:11:05: Lea Grosse: Und ich glaube, das ist einer der unglaublich wichtigen Hebel bei guter Klimakommunikation,

00:11:10: Lea Grosse: wirklich eine zuhörende und offene Haltung einzunehmen,

00:11:15: Lea Grosse: um das Verhalten, die Einstellungen, die Werte von den Menschen,

00:11:20: Lea Grosse: die wir gegenüber sitzen, besser zu verstehen und von dort aus zu schauen,

00:11:24: Lea Grosse: was ist unsere gemeinsame Basis eigentlich.

00:11:27: Daniela Baum: Warum kippen wir eigentlich oft in solche Extrembeispiele in der Kommunikation,

00:11:33: Daniela Baum: oder wenn es darum geht, Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen beispielsweise?

00:11:38: Daniela Baum: Und dann gibt es einen Vorschlag.

00:11:41: Daniela Baum: Zum Beispiel CO2-Preis oder eben auch

00:11:44: Daniela Baum: sowas wie, dass der motorisierte Individualverkehr reduziert werden soll.

00:11:49: Daniela Baum: Und dann kommt ganz oft direkt diese Gegenreaktion und dann werden eben die

00:11:55: Daniela Baum: Sonderbeispiele genannt.

00:11:56: Daniela Baum: Also die ganz extremen Beispiele, wo man, also so Fälle werden dann hervorgezährt,

00:12:03: Daniela Baum: die dann plötzlich so als Argument für die ganze Maßnahme, als Gegenargument dastehen.

00:12:11: Daniela Baum: Was passiert da?

00:12:13: Lea Grosse: Was man beobachten kann, ist, dass diese Gegenargumente Diskurse einordnen lassen und dass,

00:12:20: Lea Grosse: wenn es um Stau und Autobahn und Individualverkehr einschränken geht zum Beispiel,

00:12:26: Lea Grosse: genau, da kann man ganz deutlich sehen,

00:12:31: Lea Grosse: dass diese Argumente, die dann kommen, sich in einem ganz bestimmten Diskurs-

00:12:36: Lea Grosse: oder Argumentationsmuster wiederfinden, nämlich einfach generell Nachteile zu betonen.

00:12:43: Lea Grosse: Also die Veränderung, die würde uns schaden, anstatt dass sie uns was Gutes bringt.

00:12:48: Lea Grosse: Und dann ist ein sehr, in Anführungsstrichen, gutes Argument,

00:12:53: Lea Grosse: weil es emotional halt sehr gut greift, andere als Schutzschild zu nehmen,

00:12:57: Lea Grosse: die davon Schaden tragen könnten.

00:12:59: Lea Grosse: Also, wow, wenn ich jetzt der Person, Ja,

00:13:03: Lea Grosse: wenn ich jetzt dem Azubi in der Kleinstadt das Auto wegnehme und da versuche,

00:13:08: Lea Grosse: dem nur noch die Öffis anzubieten, ja, dann kommt er ja nur noch einmal am Tag drei Dörfer weiter.

00:13:16: Lea Grosse: Das ist ja alles, das kann man dem noch nicht antun, der hat ja eh schon ein schweres Leben.

00:13:21: Lea Grosse: Das ist ein Argument, mit dem sich dann ganz viele Menschen identifizieren können,

00:13:25: Lea Grosse: weil sie da eben auch direkt sehen,

00:13:28: Lea Grosse: ah Mist, ja, ich trage da ja Schaden davon, Weil ja nirgends in diesem Argument

00:13:34: Lea Grosse: auch darüber reflektiert wird,

00:13:36: Lea Grosse: was eigentlich der Benefit, also der positive Beitrag für die ganze Stadt oder diese Person sein kann.

00:13:46: Lea Grosse: Nämlich, dass es viel, viel günstiger ist, dass man auf dieser ganzen Strecke

00:13:52: Lea Grosse: ein Buch lesen kann und so weiter. Also ich glaube, das kommt so reflexartig,

00:13:56: Lea Grosse: weil man schnell gerne eine emotionale Reaktion erzeugen möchte. Was wäre dann...

00:14:04: Daniela Baum: In so einem Fall die beste Reaktion darauf. Also dagegen zu argumentieren,

00:14:09: Daniela Baum: ist es wahrscheinlich nicht.

00:14:13: Lea Grosse: Nee, genau, weil dann bringt man ein sehr gutes Argument dagegen und hat vielleicht

00:14:20: Lea Grosse: auch noch Studien parat und kann eine ganze Handvoll Broschüren mitbringen in so ein Gespräch.

00:14:27: Lea Grosse: Und das bringt aber nichts, weil dann einfach das nächste emotional aufgeladene Argument kommt.

00:14:31: Lea Grosse: Und dann verläuft eben so ein Gespräch so, dass es eben Argument gegen Argument

00:14:37: Lea Grosse: geht und am Ende gehen beide Personen nach Hause und es hat sich überhaupt nichts getan.

00:14:43: Lea Grosse: Im schlimmsten Fall hat sich die Debatte nur verhärtet und ich glaube eine gute

00:14:48: Lea Grosse: Reaktion, die jede Person sehr leicht anwenden kann, ist wirklich einfach nachfragen.

00:14:55: Lea Grosse: Und das ist, ich muss jetzt grinsen, weil das ist halt, das ist sowas Banales,

00:15:00: Lea Grosse: aber wir vergessen das total oft, wenn wir in einem hitzigen Gespräch sind und

00:15:04: Lea Grosse: in der Diskussion, weil wir so geärgert sind.

00:15:06: Lea Grosse: Warum versteht die andere Person das nicht? Und ich habe doch die Fakten parat.

00:15:12: Lea Grosse: Also ich gebe ja auch selber Workshops und Trainings.

00:15:16: Lea Grosse: Und auch wenn ich im Privaten das zurückschraube und einfach mal nachfrage,

00:15:21: Lea Grosse: woher das eigentlich kommt, diese Sorge.

00:15:24: Daniela Baum: Also dieses Dahinterschauen oder überhaupt nachzufragen, das ist so ein wichtiger

00:15:28: Daniela Baum: Aspekt, habe ich jetzt so verstanden auch, auch viel mehr zu fragen überhaupt.

00:15:34: Daniela Baum: Mehr zu fragen, statt zu wissen oder Wissen vermitteln zu wollen.

00:15:37: Daniela Baum: Und so der Fokus auf diese Lösungsansätze als Positive, was uns die Zukunft

00:15:44: Daniela Baum: bringen kann, eine klimafreundlichere Zukunft bringen kann.

00:15:48: Daniela Baum: Und da gibt es ja auch das große Thema der sogenannten Narrative.

00:15:53: Daniela Baum: Vielleicht kannst du das nochmal kurz erklären, was darunter zu verstehen ist Wie kriegt man ...

00:15:59: Daniela Baum: So andere Narrative etabliert und in die Köpfe hinein.

00:16:04: Lea Grosse: Also eine wichtige Erkenntnis aus der Klimakommunikation ist ja,

00:16:07: Lea Grosse: dass wir weniger trockene Fakten und rationale Argumente nutzen sollten,

00:16:15: Lea Grosse: um Menschen zum Handeln zu bewegen, sondern versuchen sie auch emotional mitzunehmen.

00:16:23: Lea Grosse: Und da kommt das Storytelling und Geschichtenerzählen ins Spiel und genau,

00:16:31: Lea Grosse: wir wissen einfach, dass,

00:16:32: Lea Grosse: wenn wir Fakten über Klimaschutz in der Geschichte verpacken können,

00:16:38: Lea Grosse: dass das Menschen einfach viel eher anspricht, als einfach nur Zahlen und Fakten zu liefern.

00:16:48: Lea Grosse: Ein Narrativ, also eine Geschichte, da könnte man wahrscheinlich einen ganz

00:16:52: Lea Grosse: eigenen Podcast drüber aufnehmen, wie eine Geschichte erzählt werden kann,

00:16:55: Lea Grosse: aber die hat auf jeden Fall bestimmte Elemente.

00:16:58: Lea Grosse: Es gibt meistens einen Hauptcharakter und das ist verbunden mit einer Anfangssituation,

00:17:05: Lea Grosse: einer Problematik und es wird irgendwas aufgelöst am Ende.

00:17:10: Lea Grosse: Ein Narrativ unterscheidet sich dahingehend von der ganzen Geschichte,

00:17:15: Lea Grosse: also das ist eher so ein kleiner Teil ist von der Geschichte,

00:17:19: Lea Grosse: wo jetzt auch nicht eine Person, ein Charakter im Vordergrund steht,

00:17:23: Lea Grosse: sondern eher so eine Art Rahmen oder Metapher bieten kann, die dann in einem

00:17:31: Lea Grosse: Argument, wenn man ein Narrativ in einem Argument benutzt, eine Problematik

00:17:35: Lea Grosse: idealerweise mit einer Lösung verbinden.

00:17:40: Daniela Baum: Wir hatten jetzt hier gerade gestern die Preisverleihung von dem ersten Bonner

00:17:45: Daniela Baum: Klimapreis und da hat eine Schülergruppe auch einen Preis gewonnen und die machen einen K-Freitag.

00:17:52: Daniela Baum: Also eigentlich ist es, wenn ich mir das so recht überlege, das ist auch ein

00:17:55: Daniela Baum: richtig gutes Narrativ, was sie da entwickelt haben. deswegen catcht das auch so.

00:18:01: Daniela Baum: Einfach dieser Titel schon K, also K englisch geschrieben, das Auto.

00:18:06: Daniela Baum: Freitag, aber hat natürlich auch diese K-Freitag-Komponente.

00:18:11: Daniela Baum: Und ihr Anliegen ist tatsächlich, die MitschülerInnen und vor allen Dingen aber

00:18:18: Daniela Baum: auch die Eltern und LehrerInnen zu sensibilisieren,

00:18:23: Daniela Baum: dass es vielleicht ja doch auch möglich ist, anders zur Schule zu kommen,

00:18:27: Daniela Baum: als sich mit dem Auto hinfahren zu lassen oder mit dem Auto hinzufahren.

00:18:31: Daniela Baum: Und sie machen dann so Aktionstage an Freitagen,

00:18:35: Daniela Baum: wo sie den Platz vor der Schule quasi sperren,

00:18:40: Daniela Baum: wo normalerweise die Autos alle vorfahren und die Kinder dann da aus den Autos

00:18:44: Daniela Baum: rausgespuckt werden und machen aber auch eine Informationskampagne drumherum,

00:18:50: Daniela Baum: also mit Bannern und informieren halt auch darüber, dass es ja doch eigentlich

00:18:55: Daniela Baum: besser wäre, mit einem Fahrrad zu fahren oder über einen V.

00:19:00: Lea Grosse: Ja, das ist ein wunderschönes Beispiel.

00:19:04: Daniela Baum: Genommenes Beispiel für ein Narrativ.

00:19:06: Lea Grosse: Ich würde schon sagen. Und vielleicht da nochmal kurz einzuordnen.

00:19:12: Lea Grosse: Also Narrativ kann eben ein Begriff sein, wie dieser Karfreitag.

00:19:16: Lea Grosse: Das ist eigentlich nur ein Wort. Es kann aber auch ein kleiner Satz sein.

00:19:21: Lea Grosse: Genau, wie zum Beispiel, niemand ist frei, bis alle frei sind,

00:19:26: Lea Grosse: um jetzt bei dem Begriff zu bleiben.

00:19:28: Lea Grosse: Vielleicht können wir da einhaken und noch mal genau schauen,

00:19:35: Lea Grosse: was denn ein Narrativ braucht.

00:19:38: Lea Grosse: Es muss nämlich halt für eine ganz bestimmte Zielgruppe ansprechend sein,

00:19:43: Lea Grosse: also mit dem Karfreitag.

00:19:47: Lea Grosse: Das greift wahrscheinlich total bei jüngeren Menschen vor allem.

00:19:51: Lea Grosse: Ja, Menschen haben verschiedene Werte und deshalb spricht auch nicht jedes Narrativ

00:19:57: Lea Grosse: alle Personen gleichermaßen an und nehmen die einen das sehr gut auf und können

00:20:04: Lea Grosse: sich damit total identifizieren,

00:20:06: Lea Grosse: die anderen, ja, bei denen greift

00:20:08: Lea Grosse: das vielleicht nicht so sehr oder stößt eventuell sogar auf Ablehnung.

00:20:14: Lea Grosse: Meine Botschaft zu Narrativen in der Klimakommunikation,

00:20:18: Lea Grosse: dass man sich überlegen sollte,

00:20:22: Lea Grosse: wen spreche ich damit eigentlich an und kann ich die Person damit erreichen in ihrem Umfeld,

00:20:31: Lea Grosse: in ihrem kulturellen Hintergrund, in der geografischen Lage,

00:20:37: Lea Grosse: in der sie sich gerade befindet.

00:20:39: Lea Grosse: Und kann ich eine Lösung anbieten mit diesem Narrativ?

00:20:44: Lea Grosse: Und wo stößt das vielleicht auch auf Ablehnung? Also,

00:20:47: Lea Grosse: ich kann auch einfach mal verschiedene Personen fragen und mein Narrativ testen,

00:20:53: Lea Grosse: um mal zu schauen, was die Reaktion eigentlich ist, bevor ich das wirklich in

00:20:57: Lea Grosse: die Breite trage und das in der Kampagne nutze, zum Beispiel.

00:21:02: Daniela Baum: Ich frage mich ja tatsächlich, warum in der Politik das so wenig genutzt wird.

00:21:09: Daniela Baum: Also es gibt natürlich Kampagnen für die globalen Nachhaltigkeitsziele und natürlich

00:21:17: Daniela Baum: auch, es waren viele Projekte gefördert im Bereich Klimaschutz und es gibt da

00:21:22: Daniela Baum: auch viel Kommunikation drumherum.

00:21:28: Daniela Baum: Aber warum arbeiten PolitikerInnen nicht intensiver mit solchen positiven Narrativen

00:21:34: Daniela Baum: von dem, wo es hingehen kann?

00:21:37: Lea Grosse: Ich glaube, Politiker und Politikerinnen nutzen Narrative sehr,

00:21:43: Lea Grosse: sehr oft und viel, aber genau wie du es sagst, also ergreifen dieses Potenzial

00:21:48: Lea Grosse: nicht da, positive Zukunftsbilder damit zu schaffen.

00:21:52: Lea Grosse: Und was ich mir vorstellen kann, warum noch gezögert wird mit positiven Zukunftsbildern,

00:21:59: Lea Grosse: ist, dass sich oft einfach noch nicht getraut wird von von einer positiven Zukunft

00:22:06: Lea Grosse: zu sprechen, weil das immer so einen utopischen Charakter hat.

00:22:10: Lea Grosse: Und utopisch ist dann sehr weit weg von einem rationalen Denken.

00:22:15: Daniela Baum: Ich würde gerne nochmal was zu deiner Tätigkeit dabei, klima-fakten.de fragen.

00:22:21: Daniela Baum: Du machst ja Trainings in Klimakommunikation.

00:22:28: Daniela Baum: Habt ihr auch die Zielgruppe PolitikerInnen oder EntscheidungsträgerInnen da im Fokus?

00:22:34: Daniela Baum: Weil da gibt es ja durchaus auch noch Entwicklungspotenzial,

00:22:37: Daniela Baum: sag ich mal, was die Klimakommunikation angeht. Aber dann ist natürlich auch

00:22:42: Daniela Baum: die Frage, wie kommen diese EntscheidungsträgerInnen, also wie kriegt man die

00:22:46: Daniela Baum: Fakten platziert bei EntscheidungsträgerInnen?

00:22:48: Daniela Baum: Und zieht dann auch noch dazu.

00:22:51: Daniela Baum: Dann Narrative daraus zu kreieren, mit denen sie dann ihre Arbeit anders ausrichten?

00:22:59: Lea Grosse: Also zu deiner ersten Frage, ja, wir arbeiten auch mit PolitikerInnen zusammen,

00:23:07: Lea Grosse: obwohl das jetzt nicht unser Hauptfokus ist.

00:23:09: Lea Grosse: Da gibt es andere Gruppierungen, die sich ja ganz genau auf das Gespräch mit

00:23:16: Lea Grosse: Politikern, PolitikerInnen, EntscheidungsträgerInnen spezialisieren und vorbereiten.

00:23:22: Lea Grosse: Wir haben auch schon mal ein Training durchgeführt mit PolitikerInnen und ich

00:23:30: Lea Grosse: finde das eigentlich unglaublich spannend,

00:23:33: Lea Grosse: weil, und das sagt zum Beispiel auch George Marshall,

00:23:38: Lea Grosse: der das Buch Don't Even Think About It, Why Our Brains Are Wired to ignore climate

00:23:46: Lea Grosse: change", eine unglaublich von Herzen kommende Empfehlung.

00:23:52: Lea Grosse: George Marshall sagt eben auch, geh vor allem mit den Konservativen ins Gespräch,

00:23:58: Lea Grosse: mit den Leuten, denen du dich eigentlich eher zanken würdest.

00:24:03: Lea Grosse: Also um das zu verbinden, ich glaube im Zweifel sollte man sich immer wieder bewusst machen,

00:24:08: Lea Grosse: es ist nicht selbstverständlich und selbst wenn für mich das allerklarste ist,

00:24:15: Lea Grosse: dass die Klimakrise existiert, dass sie bedrohlich ist, dass wir jetzt handeln müssen.

00:24:19: Lea Grosse: Ich kann nicht davon ausgehen, dass die PolitikerInnen ...

00:24:25: Lea Grosse: Den gleichen Wissensstand haben. Also ja, da braucht es im Zweifel auch nochmal

00:24:33: Lea Grosse: eine Auffrischung an Fakten und Grundlagen zur Klimakrise.

00:24:38: Lea Grosse: Was aber, finde ich, genauso spannend, wenn nicht noch spannender ist,

00:24:43: Lea Grosse: ist zu schauen, für wen seid ihr denn die Themenbotschafter und Themenbotschafterinnen,

00:24:48: Lea Grosse: weil unglaublich viele Menschen zum Beispiel die CDU wählen.

00:24:54: Lea Grosse: Und von diesen unglaublich vielen Menschen sind wahrscheinlich auch sehr,

00:24:57: Lea Grosse: sehr viele für Klimaschutz, auf irgendeine Art und Weise.

00:25:00: Lea Grosse: Die wollen aber nicht, dass ihnen was weggenommen wird, die wollen nicht,

00:25:03: Lea Grosse: dass sich alles verändert, die wollen nicht diese Utopie, die andere Menschen

00:25:08: Lea Grosse: schaffen, sondern die wollen für sich und für ihre Familien ein gutes Leben, Punkt.

00:25:13: Lea Grosse: Und dann kann man zum Beispiel mit Menschen von der Klima-Union,

00:25:17: Lea Grosse: die sich ja innerhalb der CDU für Klimaschutz einsetzen, gemeinsam überlegen,

00:25:23: Lea Grosse: okay, was kann man jetzt für Narrative entwickeln, die diese Menschen anspricht?

00:25:29: Lea Grosse: Weil, ja, das ist eine Zielgruppe, die ich jetzt zum Beispiel als junge Akademikerin

00:25:36: Lea Grosse: eher links-progressiv niemals erreichen könnte,

00:25:41: Lea Grosse: weil ich schon von vornherein irgendwie die falsche Ansprechperson bin.

00:25:46: Daniela Baum: Ich finde überhaupt diese Klimakommunikation, die so im direkten Austausch untereinander

00:25:53: Daniela Baum: stattfindet, einfach unheimlich wichtig.

00:25:55: Daniela Baum: Also wirklich diese Räume zu schaffen, diese Begegnungsorte und dieses direkt

00:26:00: Daniela Baum: miteinander in Austausch kommen.

00:26:03: Daniela Baum: Das ist so die eine Ebene und eine andere Ebene sind ja natürlich auch die Medien.

00:26:08: Daniela Baum: Also was spielen Medien so für eine Rolle?

00:26:15: Lea Grosse: Ich glaube nicht, dass Medien der Game Changer werden können,

00:26:20: Lea Grosse: um Menschen zu mobilisieren. Es braucht.

00:26:29: Lea Grosse: Medien und diese sozialen Räume, diese verbindenden, realen Räume,

00:26:32: Lea Grosse: in denen sich Menschen begegnen können.

00:26:34: Lea Grosse: Was die Medien aber tun können, ist dafür zu sorgen, dass Menschen nicht erstarren

00:26:42: Lea Grosse: und sich ohnmächtig und unfähig fühlen, irgendwas zu verändern.

00:26:48: Lea Grosse: Und das ist ja gerade das große Problem,

00:26:51: Lea Grosse: dass es viel zu viel Berichterstattung über die Problematik der Klimakrise gibt

00:26:57: Lea Grosse: und viel zu wenig Lösungen gezeigt werden,

00:27:00: Lea Grosse: was schon alles passiert, was es schon für Maßnahmen gibt,

00:27:04: Lea Grosse: wie sich Menschen in der Nachbarschaft vereinigen, wie sich ältere Menschen

00:27:10: Lea Grosse: zusammentun, um einen gemeinsamen Busshuttle zu organisieren in einer kleinen

00:27:17: Lea Grosse: Stadt, in der es sonst nicht so viel ÖPNV gibt.

00:27:20: Lea Grosse: Das sind ja Geschichten, an denen ich ja Hoffnung und Freude und Neugierde speisen

00:27:28: Lea Grosse: kann, die mich dann wiederum dazu bewegen, oder befähigen, mich mehr wieder

00:27:33: Lea Grosse: mit dem Thema auseinanderzusetzen.

00:27:35: Lea Grosse: Also ich würde die Hauptverantwortung nicht bei Medien und den Medienschaffenden sehen,

00:27:41: Lea Grosse: Menschen ins Handeln zu bringen, weil das ist eine der Hauptbotschaften ist

00:27:46: Lea Grosse: ja in der Klimakommunikation,

00:27:48: Lea Grosse: kenne dein Zielpublikum und schau dir ganz genau an,

00:27:53: Lea Grosse: mit wem du sprichst und ja, ein Journalist, eine Journalistin schreibt einen

00:27:57: Lea Grosse: Text für ein sehr diverses Publikum und kann dann nicht mit spezifischen Narrativen.

00:28:06: Lea Grosse: Also, es ist sehr, sehr schwierig, da alle Menschen auf die gleiche Weise zu erreichen.

00:28:14: Lea Grosse: Was aber, glaube ich, sehr, sehr sinnvoll ist, ist zusätzlich zu der Berichterstattung

00:28:21: Lea Grosse: eben auch regionale Vorschläge zu machen oder eben Hinweise zu geben,

00:28:29: Lea Grosse: wo man hin kann, wenn man sich über ein Thema noch näher informieren möchte,

00:28:35: Lea Grosse: wenn man einen sozialen Austausch sucht.

00:28:37: Daniela Baum: Das stimmt. Wäre mal ein interessanter...

00:28:42: Daniela Baum: Ja, ein interessanter Move, das jetzt tatsächlich überall zu etablieren und

00:28:45: Daniela Baum: zu gucken, was das für eine Wirkung hat. Ob das was tatsächlich die Leute mobilisiert.

00:28:54: Daniela Baum: Und dieses Mobilisieren zum Handeln, das ist ja tatsächlich auch ein Anliegen,

00:28:57: Daniela Baum: was wir bei GermanWatch mit unserer

00:29:00: Daniela Baum: Bildungsarbeit auch immer in den Fokus nehmen und befördern möchten.

00:29:07: Daniela Baum: Und wie können wir dann im Bildungsbereich diese ganzen Erkenntnisse uns zunutze

00:29:15: Daniela Baum: machen aus der Klimakommunikation?

00:29:17: Daniela Baum: Gibt es da vielleicht so drei Takeaways, die du den BildungsakteurInnen mit

00:29:24: Daniela Baum: auf den Weg geben möchtest?

00:29:27: Lea Grosse: Ja, dann habe ich vielleicht nicht drei,

00:29:30: Lea Grosse: sondern sechs Takeaways, die ich mitgeben könnte,

00:29:33: Lea Grosse: die, glaube ich, total wichtig sind und sehr, sehr viele, ja,

00:29:38: Lea Grosse: viele psychologische Mechanismen aus-, ja, die zu einer guten Klimakommunikation

00:29:47: Lea Grosse: führen können, aufgreifen.

00:29:51: Lea Grosse: Ein Take-away wäre, mach dir klar, was dein Ziel ist in der Kommunikation und

00:29:58: Lea Grosse: was genau du erreichen möchtest.

00:30:00: Lea Grosse: Wenn ich nämlich in Gespräch reingehe und denke,

00:30:04: Lea Grosse: dass am Ende des Gesprächs die andere Person total überzeugt mobilisiert ist

00:30:08: Lea Grosse: und morgen ihr ganzes Leben umkrempelt, dann habe ich auch ein falsches Kommunikationsziel

00:30:13: Lea Grosse: oder eine falsche Erwartung auf jeden Fall von dem, was ein Gespräch bewirken kann.

00:30:20: Lea Grosse: Und gleichzeitig, wenn ich meine Erwartungen an Gespräch, an die Kommunikation

00:30:24: Lea Grosse: ja richtig anpassen kann, habe ich auch einen längeren Atem und ja viel mehr

00:30:31: Lea Grosse: Energie für mich selbst auch noch übrig.

00:30:33: Lea Grosse: Öfters ein Gespräch anzugehen zum Beispiel, auch wenn ich merke,

00:30:37: Lea Grosse: dass es sehr sehr schwierig ist mit einer bestimmten Person oder Gruppe ins

00:30:41: Lea Grosse: Gespräch zu kommen oder Menschen anzusprechen.

00:30:45: Lea Grosse: Von denen ich meine, dass sie ja eine große Hebelfunktion haben,

00:30:50: Lea Grosse: aber die sehr schwer erreichbar sind für mich.

00:30:56: Lea Grosse: Das zweite ist, dass ich in der Klimakommunikation Emotionen aufgreifen sollte,

00:31:02: Lea Grosse: viel mehr als es jetzt gerade passiert.

00:31:07: Lea Grosse: Und da eben einerseits gut zu überlegen, wie viele Katastrophen oder wie viele

00:31:12: Lea Grosse: negative Botschaften kann ich kommunizieren.

00:31:16: Lea Grosse: Beziehungsweise muss ich nicht immer, wenn ich irgendetwas Bedrohliches oder

00:31:20: Lea Grosse: Furchterregendes kommuniziere, auch direkten Lösungsvorschlag anbieten,

00:31:24: Lea Grosse: weil Menschen sonst einfach in der Ohnmacht bleiben oder erstarren.

00:31:34: Lea Grosse: Und andererseits kann ich versuchen, Emotionen wie Hoffnung,

00:31:38: Lea Grosse: Zuversicht, Freude, Neugierde auch bei Menschen aufzugreifen,

00:31:45: Lea Grosse: weil die gibt es sehr wohl, auch wenn die Klimakrise ein sehr bedrohliches Thema ist für uns alle.

00:31:54: Lea Grosse: Der dritte Punkt ist, auf Werte anderer Personen zu achten, weil jede Person

00:32:03: Lea Grosse: handelt so wie er oder sie sich ein gutes Leben vorstellt.

00:32:09: Lea Grosse: Was er oder sie besonders wichtig, wenn nicht sogar heilig findet im Leben.

00:32:14: Lea Grosse: Und anzuerkennen, dass meine eigenen Werte nicht mit der einer anderen Person

00:32:19: Lea Grosse: oder einer anderen Gruppe übereinstimmen muss.

00:32:23: Lea Grosse: Dass es aber sehr wohl einen gemeinsamen Nährboden gibt, auf dem wir aufbauen

00:32:27: Lea Grosse: können und auf dem wir Lösungen finden können.

00:32:32: Lea Grosse: Die vierte Botschaft, die ich Menschen aus der Bildung für nachhaltige Entwicklung mitgeben kann,

00:32:39: Lea Grosse: ist, sich an sozialen Normen zu orientieren und da zu schauen,

00:32:46: Lea Grosse: was passiert eigentlich schon und wie kann ich das kommunizieren und sie zu ermutigen,

00:32:54: Lea Grosse: mal nachzugucken, dass einfach schon sehr, sehr, sehr viel Gutes passiert und

00:33:01: Lea Grosse: sehr viele Klimaschutzmaßnahmen auch schon durchgeführt werden oder dass sehr

00:33:06: Lea Grosse: viele Menschen schon bereit sind, das Klima zu schützen.

00:33:10: Lea Grosse: Und wenn man solche Botschaften verbindet.

00:33:14: Lea Grosse: Mit einer Anregung, genau, ich glaube, so deskriptive soziale Normen viel mehr

00:33:22: Lea Grosse: in die Kommunikation reinzubringen, befähigt auch Menschen, weil sie sehen,

00:33:26: Lea Grosse: aha, da passiert schon was.

00:33:27: Lea Grosse: Und das führt dann wiederum zu Hoffnung und einem Gefühl der Selbstwirksamkeit

00:33:34: Lea Grosse: oder einer Selbstwirksamkeitserfahrung, weil genau genommen ist Selbstwirksamkeit ja kein Gefühl.

00:33:42: Lea Grosse: Die fünfte Botschaft ist, sich mit der Sprache auseinanderzusetzen, die man nutzt.

00:33:47: Lea Grosse: Und das meint einerseits zu schauen, was für Begriffe verwende ich eigentlich

00:33:52: Lea Grosse: in meiner Sprache und ist klimaneutral eigentlich was, was alle verstehen?

00:33:56: Lea Grosse: Oder ist das eigentlich ein total

00:33:57: Lea Grosse: vage Begriff, unter dem alle Menschen eigentlich was anderes verstehen?

00:34:02: Lea Grosse: Nutze ich eine Sprache, die zu akademisch ist für bestimmte Personen?

00:34:07: Lea Grosse: Kann ich meine Sprache so gestalten, dass sie zu der Lebensrealität meines Gegenübers passt.

00:34:18: Lea Grosse: Und der sechste Punkt ist, sich die Identität anzuschauen.

00:34:21: Lea Grosse: Also ich als Person habe ein bestimmtes Bild von mir, ich habe aber auch ein

00:34:26: Lea Grosse: Bild davon, wie ich in einer Gruppe agiere.

00:34:30: Lea Grosse: Und das gibt mir total viel Halt, wenn ich mich zu einer Gruppe zugehörig gefühlt,

00:34:36: Lea Grosse: die sich für Klimaschutz einsetzt, die jeden Freitag protestieren geht oder

00:34:41: Lea Grosse: die kein Fleisch isst, um sich klimafreundlich und tierliebend zu verhalten.

00:34:50: Lea Grosse: Dass andere Personen sich auf einer ganz anderen Gruppe zugehörig fühlen und

00:34:54: Lea Grosse: sich dadurch auch gestärkt fühlen, muss ich auch erst mal anerkennen.

00:34:59: Lea Grosse: Und damit kann ich dann aber auch wieder arbeiten und schauen,

00:35:03: Lea Grosse: was spricht diese Person eigentlich an und wie kann ich sie so ansprechen,

00:35:08: Lea Grosse: wie kann ich meine Kommunikation so gestalten, dass diese Person auf irgendeine

00:35:16: Lea Grosse: Weise in ihrer sozialen Identität auch anspricht.

00:35:20: Daniela Baum: Ich fand, die Zusammenstellung hat das nochmal sehr gut auf den Punkt gebracht.

00:35:24: Daniela Baum: Die ganzen verschiedenen Aspekte, die man so im Kopf behalten sollte oder könnte.

00:35:31: Daniela Baum: Wahrscheinlich gelingt es einem nicht

00:35:32: Daniela Baum: immer in jedem Fall, in jedem Kommunikationsfall an alles so zu denken.

00:35:38: Daniela Baum: Ja, ich hab jetzt tatsächlich grade noch mal so an die Geschichte gedacht,

00:35:42: Daniela Baum: die du am Anfang erzählt hast, mit deinem Stiefvater, und wie du die Kommunikation da verändert hast.

00:35:48: Daniela Baum: Und dann plötzlich Dinge möglich wurden, die vorher nicht möglich waren.

00:35:52: Daniela Baum: Und da eine Veränderung stattgefunden hat, einfach dadurch, dass du so verschiedene

00:35:58: Daniela Baum: Faktoren, die du ja jetzt auch noch mal zusammengefasst hast,

00:36:00: Daniela Baum: beachtet hast. So seine Identität, wo kommt er her, was bringt er mit,

00:36:04: Daniela Baum: welche Werte hat er, fühlt er sich gesehen?

00:36:09: Daniela Baum: Das ist, glaube ich, einfach sehr wichtig in der Klimakommunikation,

00:36:13: Daniela Baum: überhaupt in der Kommunikation, diese Räume so zu öffnen, dass die Menschen

00:36:19: Daniela Baum: sich da auch gesehen fühlen und sie das Gefühl haben, mein Gegenüber versteht mich.

00:36:27: Daniela Baum: Und ich kann so sein, wie ich bin und das alles mitbringen, was ich bin.

00:36:32: Daniela Baum: Und werde dafür jetzt nicht verurteilt, beispielsweise von vornherein.

00:36:37: Lea Grosse: Ja, ja, weil Menschen wollen keine schlechten Menschen sein und im Prinzip können

00:36:44: Lea Grosse: wir als KlimakommunikatorInnen und KlimaschützerInnen können ja total froh sein,

00:36:49: Lea Grosse: dass es mittlerweile die Norm ist, dass wer sich klimafreundlich verhält oder

00:36:56: Lea Grosse: wer die Umwelt schützt, tut moralisch was Gutes.

00:36:59: Lea Grosse: Also das ist ja eigentlich eine Annahme, für die wir total dankbar sein können.

00:37:06: Lea Grosse: Menschen wollen nicht als eine schlechte Person gesehen werden und wenn man sie verurteilt,

00:37:11: Lea Grosse: weil sie eben mit dem Auto fahren oder Fleisch essen oder was auch immer sich

00:37:16: Lea Grosse: nicht in der Lokalpolitik für Klimaschutz einsetzen,

00:37:19: Lea Grosse: fühlen sie sich darin eben sehr verletzt und das führt Zweifel zur Reaktanz

00:37:25: Lea Grosse: und einem Widerstand, den man dann auslösen muss.

00:37:32: Daniela Baum: Danke dir, Lea, für das Gespräch, für die Zeit, die du hier dir genommen hast

00:37:39: Daniela Baum: und ich hoffe, es hat dir auch ein bisschen Spaß gemacht.

00:37:43: Lea Grosse: Danke auch dir für die spannenden Fragen auch und es ist einfach immer wieder schön,

00:37:52: Lea Grosse: darüber nachzudenken, aus verschiedenen Perspektiven, wie es zum Beispiel,

00:37:57: Lea Grosse: ja, sich über BNE spezifisch Gedanken zu machen und was Klimakommunikation da bedeuten kann.

00:38:04: Lea Grosse: Also, ja, ich habe auch viel gelernt heute.

00:38:09: Elisa Thomaset: Das war die letzte Folge in unserer Reihe Psychologie und gesellschaftliches

00:38:12: Elisa Thomaset: Engagement von Zukunftsfähig, der German Watch Podcast für eine nachhaltige globale Gesellschaft.

00:38:18: Elisa Thomaset: In den Shownotes findet ihr wie immer Links zu unseren Publikationen.

00:38:22: Elisa Thomaset: Diesmal wieder rund um das Thema Umweltpsychologie, darunter auch zur Website

00:38:26: Elisa Thomaset: von klimafakten.de mit dem Handbuch über Klimasprechen und dem Medienleitfaden Klima.

00:38:31: Elisa Thomaset: Wenn ihr keine neuen Folgen mehr verpassen wollt, abonniert am besten direkt

00:38:34: Elisa Thomaset: unseren Podcast. Wir freuen uns über eure Kommentare und Anregungen zu dieser

00:38:39: Elisa Thomaset: und unseren weiteren Folgen.

00:38:40: Elisa Thomaset: Schreibt dazu einfach eine Mail an podcast.germanwatch.org.

00:38:45: Elisa Thomaset: Diese Podcast-Folge wurde gefördert von Engagement Global mit Mitteln des Bundesministeriums

00:38:49: Elisa Thomaset: für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie durch die Postcode-Lotterie.