Mit Klimaklagen unsere Zukunft retten? (Klagen für Klimagerechtigkeit #1)

Shownotes

Politik und Wirtschaft müssen dringend Verantwortung zur Eindämmung der Klimakrise übernehmen. Weltweit ziehen dafür immer mehr Menschen vor Gericht. Unsere Kolleg:innen Caroline Schroeder und Dr. Marlene Becker begleiten einige dieser Menschen bereits seit mehreren Jahren auf ihrem Weg vor Gericht. In dieser Folge erzählen sie uns von ihrer Arbeit und erklären, was diese Menschen antreibt, worum es genau bei den Klimaklagen geht und welche Rolle die Öffentlichkeit und damit wir alle dabei spielen.

In dieser Folge hören wir außerdem Stimmen der Kläger:innen aus dem People‘s Climate Case - Michael Recktenwald, Armando Carvalho (Jacob Rohm) und Sunna Rensber (Pia Enders) -, aus dem Fall RWE - Saúl Luciano Lliuya (Lukas Kiefer) - und von der Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen.


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Die in den Zitaten vertretenen Meinungen und Positionen geben nicht zwingend die Ansichten von Germanwatch wieder.


Idee: Caroline Schroeder

Redaktion: Elisa Thomaset

Schnitt: Podcast Plattform

Musik: perplex

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Saúl Lliuya [00:00:05]:

Saúl Lliuya [00:00:05]:

Saúl Lliuya [00:00:05]: Ich hätte nicht gedacht, dass ich so viel Aufmerksamkeit erregen würde. Was ich mir wünsche ist, ich weiß nicht, ob ich Verteidiger der Gletscher bin, aber was ich mir wünsche ist, dass die Gletscherschmelze aufhört und dass es keine Risiko mehr gibt.

Saúl Lliuya [00:00:05]:

Michael Recktenwald [00:00:26]:

Michael Recktenwald [00:00:26]:

Michael Recktenwald [00:00:26]: Insbesondere das, was momentan und aktuell für uns am gefährlichsten ist, wäre der Durchbruch der Nordsee durch die Dünenkette in unser Süßwasserreservoir. Das hätte Auswirkungen, insofern, dass die Insel ab dem nächsten Tag kein Trinkwasser mehr hätte. Die Hotels müssten schließen, und die Restaurants. Keine Ahnung, was wir machen würden.

Michael Recktenwald [00:00:26]:

Roda Verheyen [00:00:47]:

Roda Verheyen [00:00:47]:

Roda Verheyen [00:00:47]: Wir haben im Wesentlichen Klägerfamilien, die es mit Hitzewellen, Dürre, zu viel Wasser, zu wenig Wasser, Eisschmelze, Gletscherschmelze zu tun haben. Wo wir wirklich sagen können, hier ist der Klimawandel angekommen.

Roda Verheyen [00:00:47]:

Armando Carvalho [00:01:06]:

Armando Carvalho [00:01:06]:

Armando Carvalho [00:01:06]: Mein Name ist Armando Carvalho. Ich bin Forstwirt.

Armando Carvalho [00:01:06]:

Armando Carvalho [00:01:10]:

Armando Carvalho [00:01:10]:

Armando Carvalho [00:01:10]: Das Feuer hat hier mit einer derartigen Intensität gebütet, dass ihm nichts standhalten konnte. Nichts blieb verschont. Das Feuer hat nahezu mein ganzes Eigentum zerstört.

Armando Carvalho [00:01:10]:

Sunna Rensber [00:01:28]:

Sunna Rensber [00:01:28]:

Sunna Rensber [00:01:28]: Junge Sami und junge RentierzüchterInnen sind einer Menge Druck ausgesetzt.

Sunna Rensber [00:01:28]:

Sunna Rensber [00:01:33]:

Sunna Rensber [00:01:33]:

Sunna Rensber [00:01:33]: Er kommt aus vielen Richtungen auf uns zu. Ich glaube, dass die größte Angst die Zukunft betrifft.

Sunna Rensber [00:01:33]:

Sunna Rensber [00:01:39]:

Sunna Rensber [00:01:39]:

Sunna Rensber [00:01:39]: So wie

Sunna Rensber [00:01:39]:

Sunna Rensber [00:01:39]:

Sunna Rensber [00:01:39]:

Sunna Rensber [00:01:39]: die Dinge im Moment stehen, sind wir vielen Ungewissheiten ausgesetzt.

Sunna Rensber [00:01:39]:

Elisa Thomaset [00:01:45]:

Elisa Thomaset [00:01:45]:

Elisa Thomaset [00:01:45]: Herzlich willkommen bei Zukunftsfähig, euer Podcast für eine nachhaltige globale Gesellschaft. Mein Name ist Elisa Thomaset und ich arbeite in der Kommunikation der Umwelt- und Entwicklungsorganisation German Watch. Heute spreche ich mit meinen beiden Kolleginnen Dr. Marlene Böcker und Karoline Schröder über Klimaklagen. Die beiden beschäftigen sich seit Jahren mit dem Thema und arbeiten insbesondere in der Kommunikation rund die Klagen. Aber was genau sind diese Klagen überhaupt? Wenn wir in letzter Zeit in die Nachrichten schauen, sehen wir es überall. Die Klimakrise spitzt sich weiter zu. Ob es die Erwärmung des Mittelmeers ist oder die Hitzewelle in Europa, der Klimawandel zeigt immer mehr seine Folgen. Gleichzeitig handelt die Politik aber nicht genug. Deswegen ziehen immer mehr Betroffene vor Gericht und setzen sich so für mehr Klimaschutz ein. Heute erfahrt ihr, wer diese Menschen sind und was es genau mit Klimaklagen auf sich hat. Dazu sehen wir uns drei Klagen an, die GermanWatch in den letzten Jahren unterstützt hat und auch weiterhin unterstützt und sprechen natürlich mit meinen Kolleginnen insbesondere über die Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit. Denn Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen und es so in die öffentliche und politische Debatte zu bringen, ist ungemein wichtig. Warum das genauso ist, erfahrt ihr gleich. Ich sitze hier mit meiner Kollegin Caro in unserem Berliner Büro und wir haben Marlene zugeschaltet aus dem Homeoffice. Hallo ihr beiden.

Elisa Thomaset [00:01:45]:

Marlene Becker [00:03:12]:

Marlene Becker [00:03:12]:

Marlene Becker [00:03:12]: Hallo.

Marlene Becker [00:03:12]:

Elisa Thomaset [00:03:13]:

Elisa Thomaset [00:03:13]:

Elisa Thomaset [00:03:13]: Ja, ich freue mich, dass ihr da seid und dass wir heute mal mehr über die Klimaklagen und eure Arbeit dazu sprechen könnt. Wir haben ja jetzt am Anfang schon einige Zitate gehört von Klägerinnen, die sehr betroffen waren, die irgendwie auch von einer Dringlichkeit gesprochen haben und wo ganz krass der Tatendrang durchgeklungen hat und auch welche Rolle die Öffentlichkeit und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit spielt. Aber bevor wir da drauf zu sprechen kommen und auch auf eure Rolle und was ihr genau dazu macht und warum eure Arbeit so wichtig ist, glaube ich, wäre es nochmal gut, wenn wir erstmal uns die Frage stellen, was genau sind denn Klimaklagen oder, wie ihr das ja häufig nennt, strategische Klimaklagen. Marlene, magst du das vielleicht mal in ein paar Worten zusammenfassen?

Elisa Thomaset [00:03:13]:

Marlene Becker [00:03:59]:

Marlene Becker [00:03:59]:

Marlene Becker [00:03:59]: Ja, sehr gerne. Ja, Was sind Klimaklagen? Klimaklagen sind Klagen, die sich für mehr Klimaschutz einsetzen. Das sind aber auch Klagen, die sich beispielsweise dafür einsetzen, für die Kompensation von Klimaschäden, die sich insgesamt für ambitionierteren Klimaschutz einsetzen. Und das Strategische an den Klagen ist, dass es Klagen sind, die über die individuellen Interessen der Klägerinnen hinausgehen. Das heißt, wenn ein Kläger vor Gericht ist, dann ist er nicht nur für sich selbst vor Gericht, sondern für das Gemeinwohl. Das heißt, wenn eine Klage dann gewonnen wird, ist der Klimaschutz ja nicht nur im Interesse von dem Kläger, sondern so gesehen von uns allen.

Marlene Becker [00:03:59]:

Elisa Thomaset [00:04:33]:

Elisa Thomaset [00:04:33]:

Elisa Thomaset [00:04:33]: Ah, okay. Und wenn du davon sprichst, dass die Klimaklagen sich für was einsetzen, dann meinst du ja wahrscheinlich, dass die KlägerInnen dahinter sich für was einsetzen, oder?

Elisa Thomaset [00:04:33]:

Marlene Becker [00:04:43]:

Marlene Becker [00:04:43]:

Marlene Becker [00:04:43]: Ja, natürlich, genau. Die KlägerInnen setzen sich für ambitionierteren Klimaschutz, die Durchsetzung von Abkommen, die die Politik bereits unterschrieben hat, die aber noch hinter den Anforderungen der Abkommen, die sie unterschrieben haben, zurückstehen, setzen sich dafür die Durchsetzung ein.

Marlene Becker [00:04:43]:

Elisa Thomaset [00:04:57]:

Elisa Thomaset [00:04:57]:

Elisa Thomaset [00:04:57]: Und wenn wir jetzt uns mal die wieder in Erinnerung rufen, die Stimmen, die wir gerade gehört haben. Wer sind denn diese Klägerinnen? Vielleicht explizit von denen, die am Anfang gesprochen haben. Caro, magst du vielleicht dazu was sagen?

Elisa Thomaset [00:04:57]:

Caroline Schroeder [00:05:11]:

Caroline Schroeder [00:05:11]:

Caroline Schroeder [00:05:11]: Ja, klar. Das sind Stimmen gewesen zum einen zum Beispiel von dem Armando Carvalho aus Portugal, der war Kläger in dem People's Climate Case, der EU-Klimaklage, über den wir heute auch noch berichten. Der ist Forstwirt in Portugal und hat zum Beispiel 2017 durch die Waldbrände genau den eigentlich größten Teil seines Waldes verloren. Zum Beispiel waren da die Samis, ein Mitglied der Saminuda aus Nordschweden, die wir gehört haben, deren Gemeinde besonders von der Rentierzucht sozusagen lebt, auch die Kultur der Samis weiterleben zu lassen. Und genau aufgrund des Klimawandels finden die Rentiere eigentlich heutzutage kaum mehr Futter. Das ist ein großes Problem für die Tiere, aber eben auch für die Gemeinde und für die Traditionen, das aufrecht zu erhalten. Und dann aus Deutschland haben wir Familie Recktenwald gehört, aus Langeoog, von der Ostfriesischen Insel, die eben genau, wie Michael Recktenwald schon sagt, von der vom Meeresspiegelanstieg betroffen sind. Und das sind einfach Menschen, die dann gedacht haben, okay, die Politik tut nicht genug, uns zu schützen, unsere Zukunft zu schützen. Unsere Kinder können vielleicht nicht auf lange Ort mehr leben in Zukunft. Und die haben sich dann eben entschlossen, tatsächlich vor Gericht zu ziehen, da eben die EU oder auch im Fall von Recktenwalz eben auch vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen und zu sagen, wir möchten, dass das Gericht sozusagen die Regierung anhält, einfach mehr Klimaschutz durchzusetzen oder Klimaziele zu verschärfen.

Caroline Schroeder [00:05:11]:

Marlene Becker [00:06:41]:

Marlene Becker [00:06:41]:

Marlene Becker [00:06:41]: Wir haben ja auch noch Saul gehört, das ist ein Kläger, der in Peru lebt und arbeitet und das zeigt ja auch ganz schön, dass Klimaklagen ein weltweites Phänomen sind. Es gibt beispielsweise auch Klagen in Südkorea, da ist sogar ein ungeborenes Kind vor Gericht. Es gibt in den USA ganz viele Klagen, da sind das auch unter anderem Gemeinden und Städte, die vor Gericht ziehen. Also es ist ein ganz bunter Strauß an Menschen, die sich dafür einsetzen, für ambitionierteren Klimaschutz.

Marlene Becker [00:06:41]:

Elisa Thomaset [00:07:04]:

Elisa Thomaset [00:07:04]:

Elisa Thomaset [00:07:04]: Okay, da habe ich gleich mal mehrere Rückfragen an euch. Und zwar erstmal vielleicht noch mal zu der Klage, die Caro erwähnt hat. Du sprichst davon, dass viele Familien, vor allem aus europäischen Ländern oder nur aus europäischen Ländern, wenn ich das richtig verstanden habe, gegen die EU klagen. Und du hast gesagt, sie hoffen, dass die Regierung mehr für den Klimaschutz tut. Ich würde mich jetzt total interessieren, wie haben die sich denn kennengelernt? Weil wenn du sagst, sie kommen aus Nordschweden und irgendwie aus Langeoog und aus Portugal, Wie kam das?

Elisa Thomaset [00:07:04]:

Caroline Schroeder [00:07:33]:

Caroline Schroeder [00:07:33]:

Caroline Schroeder [00:07:33]: Genau, einige habe ich kennengelernt. Das ist, wie gesagt, der People's Climate Case. Da sind neben den Familien, die wir jetzt angesprochen haben, eben auch noch weitere aus Rumänien, aus Italien, noch weitere aus Portugal und auch aus Fidschi und Kenia dabei gewesen, also ziehen Familien und eben der Jugendverband aus, der Saminuda. Und kennengelernt habe ich tatsächlich genau Familie Recktenwald. Das, was sie eben verbindet, ist eben diese Betroffenheit vom Klimawandel und diese Sorge ihre Zukunft und diese Grundrechtsverletzung, die sie eben heutzutage schon erleben. Und da ist es eben dazu gekommen, dass zum Beispiel der Professor Gerd Winter von der Universität Bremen, Rechtsprofessor, der hat sich Gedanken gemacht, ist auch mit verschiedenen Menschen in Verbindung gekommen, unter anderem eben auch mit uns von German Watch. Und dann ist diese Idee entstanden, einer Klage auf der europäischen Ebene. Und er erklärt das immer so, man könnte natürlich auch in einem Land vor Gericht klagen, aber die haben sich eben direkt die EU ausgesucht, weil sie gesagt haben, da können wir eigentlich viel mehr erreichen. Also wenn die EU schon die Klimaziele verschärft, was wir mit der Klage fordern, dann müssen ja alle Mitgliedstaaten auch mitziehen. Also sozusagen die Reichweite oder diese Veränderung, die durch so eine Klage entstehen könnte, hat natürlich dann, genau, wäre einfach weitreichender. Und Es ging in dieser Klage besonders die europäischen Klimaziele. Gegen gewisse Rechtsakte, Klimaschutzgesetzgebung der EU. Da wurde gesagt, das ist nicht genug, Grundrechte zu schützen. Und die EU muss sozusagen diesen Schutzpflichten nachkommen. Und wenn sie das nicht tut, dann muss man das eben über Gerichte jetzt einfordern.

Caroline Schroeder [00:07:33]:

Elisa Thomaset [00:09:11]:

Elisa Thomaset [00:09:11]:

Elisa Thomaset [00:09:11]: Okay, das klingt ja schon mal super spannend. Bevor du da gleich noch mal weiter erzählen kannst, wie das dann weiter ging mit der Klage. Wer dann vielleicht noch mal eine Frage an den Fall in Marlene erwähnt hat, ist das dann auch eine Klage gegen die EU? Das ist irgendwie ein bisschen anders, oder?

Elisa Thomaset [00:09:11]:

Marlene Becker [00:09:25]:

Marlene Becker [00:09:25]:

Marlene Becker [00:09:25]: Der Fall RWE ist ein Fall gegen ein Unternehmen. Also es gibt neben den regierungsbezogenen Klagen auch Klagen gegen große Energieunternehmen, wie beispielsweise hier in unserem Fall RWE.

Marlene Becker [00:09:25]:

Elisa Thomaset [00:09:35]:

Elisa Thomaset [00:09:35]:

Elisa Thomaset [00:09:35]: Okay, spannend. Also haben wir schon mal hier einen ganz großen Unterschied. Es gibt zwei Arten von Klimaklagen, einmal gegen Regierungen und einmal gegen Unternehmen. Kann man das so sagen?

Elisa Thomaset [00:09:35]:

Caroline Schroeder [00:09:46]:

Caroline Schroeder [00:09:46]:

Caroline Schroeder [00:09:46]: Genau, man könnte das eigentlich, also wir, wenn man uns fragt, was gibt es da für Klimaklagen, dann versuchen wir das so ein bisschen zu kategorisieren. Also es gibt eben diese Klimaklagen gegen Regierungen, wie jetzt zum Beispiel People's Climate Case oder die bekannten Klimaverfassungsbeschwerden, die eben dazu geführt haben, dass die Bundesregierung ihre Klimaziele verschärft oder Klimaschutzgesetz nachbessert. Und dann auf der anderen Seite gegen Unternehmen, wo es viele große Emittenten gibt, die jetzt dazu vor Gericht verpflichtet werden sollen, Emissionen zu reduzieren oder aber eben auch wie im Fall RWE jetzt für Klimarisiken und Schäden zu haften, die sie eben mit verursachen.

Caroline Schroeder [00:09:46]:

Marlene Becker [00:10:27]:

Marlene Becker [00:10:27]:

Marlene Becker [00:10:27]: Und die Mehrheit der Fälle waren lange genau die Fälle, was Caro eben angesprochen hat, gegen Regierungen beziehungsweise gegen Gesetzgebungen. Es kommen jetzt immer mehr Fälle gegen Unternehmen dazu. Was man aber auch nicht vergessen darf, sind, dass auch Unternehmen selbst gegen Klimaschutzauflagen oder Maßnahmen auch Klagen einlegen. Das ist dann beispielsweise auch RWE, die sich gegen den Kohleausstieg in den Niederlanden eine Klage eingereicht haben. Also es ist ein sehr komplexes Feld. Also Unternehmen werden nicht nur beklagt, sondern die klagen auch selbst.

Marlene Becker [00:10:27]:

Elisa Thomaset [00:10:54]:

Elisa Thomaset [00:10:54]:

Elisa Thomaset [00:10:54]: Oh wow, ich glaube, da betreten wir dann gleich nochmal ein ganz neues Feld. Vielleicht erstmal noch eine Frage zurück an Caro. Du hast gesagt, die KlägerInnen wollten, dass die EU sich mehr für Klimaschutz einsetzt und da mehr tatkräftiger wird und auch diese Grundrechte anerkennt. Wie ist das denn dann weitergegangen?

Elisa Thomaset [00:10:54]:

Caroline Schroeder [00:11:15]:

Caroline Schroeder [00:11:15]:

Caroline Schroeder [00:11:15]: Liegt ja auf der Hand, dass die meisten Regierungen aus der EU, die EU selbst weit dahinter zurückliegt, das Paris-Abkommen überhaupt zu erfüllen. Auf diesen beiden Argumenten stützt sich die Klage. Die Klage wurde eingereicht. 2018 wurde tatsächlich vom Gericht der Europäischen Union dann abgewiesen. Und die KlägerInnen haben dann aber entschieden, Rechtsmittel einzulegen. Sie wollten sich mit dieser Abweisung nicht zufriedengeben und haben dann gesagt, wir versuchen das jetzt noch mal, gehen in die nächste Instanz vor den Europäischen Gerichtshof. Dann hat es auch noch mal ein Jahr gedauert, bis die Entscheidung kam 2021. Da haben wir tatsächlich auch eine Abweisung bekommen. Das war sehr ernüchternd. Das Urteil war doch sehr absurd, dass man da in die Tiefe gehen muss, das zu verstehen. Und zwar hat das Gericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, da der Klimawandel alle betreffe, seien die Klägerinnen oder die Klägerfamilien nicht im Besonderen betroffen. Deswegen seien sie auch nicht klagebefugt. Das ist eine Rechtsprechung, die auf der sogenannten Plaumann-Formel beruht. Da geht es besonders Klagebefugnis und den Zugang zu Gericht auf europäischer Ebene. Eigentlich hatten wir in der Klage oder hatten auch die RechtsvertreterInnen in der Klage besonders dargestellt, wie die Familien alle betroffen sind. Da wurden klimawissenschaftliche Studien gemacht. Also diese Klage hat glaube ich 6000 Seiten Annex, wo das alles dargelegt wurde, klimawissenschaftlich. Aber dennoch hat eben das Gericht gesagt, Nein, der Klimawandel ist ein Phänomen, was uns alle betrifft. Und die KlägerInnen seien deswegen nicht exklusiv betroffen. Und diese Exklusivität ist eben so eine Art Kriterium dafür, dass man klagen kann vor europäischen Gerichten. Der Klimawandel betrifft alle. Deswegen sind sozusagen die Klagenden jetzt nicht exklusiv. Die heben sich nicht hervor aus diesem Betroffenenkreis. Wir sind alle betroffen. Deswegen ist hier der Weg zum Gericht, oder die Tür bleibt verschlossen. Aber das ist natürlich auf der anderen Seite auch interessant, einmal zu wissen, dass diese Klagebefugnis, diese Plaumann-Formel, diese Rechtsprechung, ist aus den 60er-Jahren. Da war der Klimawandel noch lange nicht so akut wie heute. Und deswegen, auch wenn wir jetzt dieses negative Urteil haben, hat es doch viel gebracht. Denn wir wissen jetzt einfach, dass es diese gewisse Rechtsschutzlücke für Klimawandelbetroffene gibt. Und vielleicht wurde da jetzt die Diskussion mal so ein bisschen angestoßen, ob sich das nicht auch mal in Zukunft ändern könnte oder ändern sollte eben.

Caroline Schroeder [00:11:15]:

Marlene Becker [00:13:45]:

Marlene Becker [00:13:45]:

Marlene Becker [00:13:45]: Und was sich auch schon zeigt, ist, dass nicht die guten Argumente reichen, sondern wie Caro ja auch schon gesagt hat, die Tür zum Gericht erstmal aufgeschubst werden muss. Und da geht es ja diese Gerichtszugänge, da geht es ja auch eine Weiterentwicklung von Recht. Und was Caro ja auch gesagt hat, der People's Climate Case ist dann auch die Frage, was stößt er wieder an, welche Diskussionen. Deswegen ist es ja auch so wichtig, dass wir die Fälle auch öffentlichkeitswirksam begleiten.

Marlene Becker [00:13:45]:

Elisa Thomaset [00:14:07]:

Elisa Thomaset [00:14:07]:

Elisa Thomaset [00:14:07]: Okay, und das scheint trotzdem ein sehr harter oder herber Rückschlag gewesen zu sein, dass die Klage abgewiesen wurde. Wie seid ihr damit umgegangen? Sowohl in eurer Arbeit als auch gemeinsam mit den KlägerInnen untereinander, falls ihr darüber was sagen könnt.

Elisa Thomaset [00:14:07]:

Caroline Schroeder [00:14:25]:

Caroline Schroeder [00:14:25]:

Caroline Schroeder [00:14:25]: Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir sehr lange auf dieses Urteil gewartet haben. Das war die Rechtsmitteleinlegung. Ein Jahr danach ist erst das Urteil gekommen. Man kann nie vorher wissen, wie lange das dauert. Und das ist natürlich auch irgendwie eine gewisse Durststrecke. Es ist dann natürlich nicht so, dass wir dann einfach irgendwie nichts machen, sondern wir versuchen natürlich, die Klage zu nutzen und die Forderungen zu nutzen, die politisch einzubringen. In diesem ganzen Prozess gab es auch politisch auf EU-Ebene die Diskussion Klimazielverschärfung. Das EU-Parlament, was ja auch sozusagen Beklagter war, hat dann auch schon eine Klimazielverschärfung diskutiert. Es ging auch schon ein bisschen in die Richtung und auch den Argumenten aus der Klage folgend. Aber wir haben eben doch dann auch versucht, genau die positiven Elemente herauszustellen, die es ja gibt. Es war das 1. Mal, dass es so eine Klage gibt von verschiedenen Familien aus verschiedenen Ländern. Wir haben die Betroffenheit, diese verschiedenen Gesichter der Klimakrise sozusagen in die Öffentlichkeit gebracht. Die Menschen hatten, die Klagenden hatten alle viel Medienaufmerksamkeit bekommen, hatten Besuch vor Ort in ihren Dörfern auf dem Land oder in den Städten, wo die sich aufhalten. Und haben dort viele Menschen informiert, bewegt und mobilisiert. Da war es wichtig, auf diese positiven Aspekte der Klage einzugehen. Obwohl da eine Abweisung kam, haben wir unglaublich viel erreicht.

Caroline Schroeder [00:14:25]:

Michael Recktenwald [00:15:54]:

Michael Recktenwald [00:15:54]:

Michael Recktenwald [00:15:54]: In den ersten 2 Monaten hatten wir, ich würde mal sagen Juli, August, mindestens 150 Pressetermine. Es waren, glaube ich, alle Fernsehsender dieser Welt bei uns, alle Zeitungen, inklusive New York Times und weiß was ich nicht, Radiointerviews, Telefoninterviews. Wir haben natürlich ganz, ganz viele E-Mails auch bekommen. Weitestgehend wirklich einen unglaublichen Zuspruch. Wir haben daraufhin erst gemerkt, wie viele Menschen sich für das Thema wirklich in ihrem kleinen Kreis, in ihrer kleinen Gemeinde, in der Kirche, im Gemeinderat irgendwo, in Bayern und Schleswig-Holstein dafür interessieren, wie viel Zuspruch wir gekriegt haben, dass wirklich an allen Fronten im Kleinen gekämpft wird. Und dass wir sozusagen so ein bisschen diesen kleinen Grüppchen und Gruppierungen damit auch eine Stimme verliehen haben und mehr Aufmerksamkeit gemacht. Das war extrem positiv. Das hat uns eigentlich über die Zeit geführt, dieser Zuspruch von so vielen Menschen.

Michael Recktenwald [00:15:54]:

Elisa Thomaset [00:16:54]:

Elisa Thomaset [00:16:54]:

Elisa Thomaset [00:16:54]: Wie baut ihr denn darauf auf in der Kommunikationsarbeit? Also du hast jetzt gerade schon ein paar Sachen erwähnt. Erzählt da gerne mal mehr und wie ihr das vielleicht auch für die anderen Fälle, die ihr in eurer Arbeit hier betreut, umsetzt oder weiterverwenden könnt.

Elisa Thomaset [00:16:54]:

Marlene Becker [00:17:10]:

Marlene Becker [00:17:10]:

Marlene Becker [00:17:10]: Ja, also wir unterstützen die Klägerinnen zum einen, eignen sich die Geschichten der Klägerinnen sehr gut, ein abstraktes Thema konkret zu machen und eine persönliche Geschichte zu erzählen. Und was wir am Klimagipfel gemacht haben, ist der Kläger gegen den Fall RWE der Saul Luciano-Yuya, der war mit uns in Ägypten und wir haben da zum Beispiel uns mit unterschiedlichen Journalistinnen getroffen, haben Saul in Kontakt gebracht mit verschiedenen Klägerinnen, die beispielsweise eine Klage gegen die australische Regierung erhoben haben, hat er vor Ort getroffen. Das ist natürlich ein ganz besonderer Moment, wenn ein Mann aus den Anden auf einmal inmitten der Weltpolitik an dem Klimagipfel in Ägypten steht. Es ist dann schön, mit ihm durch die Türen durchzugehen und politische Prozesse nochmal anzustoßen. Da ging es ganz viel in Ägypten auch die Debatte Loss and Damage. Da geht es Schäden und Verluste und wie die kompensiert werden können. Und da spielt die Klage auch eine ganz wichtige Rolle und da war das natürlich spannend, dass der Kläger auf einmal mit Politikerinnen in Kontakt kam oder mit Vertreterinnen der UN oder mit anderen Klägerinnen, was sonst wahrscheinlich nicht passierte oder es hätte sonst niemand Saul so gesehen auf so einem großen Weltparkett zugehört Und dabei haben wir ihn unterstützt oder unterstützen ihn noch nach wie vor.

Marlene Becker [00:17:10]:

Caroline Schroeder [00:18:18]:

Caroline Schroeder [00:18:18]:

Caroline Schroeder [00:18:18]: Ja, ich glaube, was so ein bisschen die Arbeit ausmacht, ist dieses auf den verschiedenen Bühnen zu agieren. Also sozusagen, wenn man jetzt an die COP denkt, ist das natürlich auch genau. Man trifft andere KlimaklägerInnen oder Organisationen, die Klimaklagen unterstützen. Auf der anderen Seite, z.B. Im Fall von Rechtenwald, waren wir auf Langeoog, haben dort Veranstaltungen gemacht, die anderen InselbewohnerInnen mitzunehmen und sie zu informieren. Und zu zeigen, was machen wir da überhaupt? Warum kommen zum Beispiel so einige Journalistinnen in letzter Zeit auf die Insel? Genau. Und dann machen wir natürlich auch viel Netzwerkarbeit, sozusagen hinter den Kulissen, einfach uns da abzusprechen, wenn jetzt wir eine Gerichtsentscheidung erwarten. Wie kann man da auch einfach andere Organisationen oder NetzwerkpartnerInnen sozusagen mobilisieren, dass sie eben auch über ihre Kanäle berichten, über die Klage, dass sie die Klage vielleicht auch nutzen für ihre eigene Arbeit im Bereich Klimapolitik. Genau, also da sind sehr viele verschiedene Schauplätze, wo man dann unterwegs ist. Das macht das Ganze auch sehr spannend.

Caroline Schroeder [00:18:18]:

Elisa Thomaset [00:19:24]:

Elisa Thomaset [00:19:24]:

Elisa Thomaset [00:19:24]: Ja, das klingt auf jeden Fall super spannend und auch nach einer großen Herausforderung dann da irgendwie so weltpolitisch unterwegs zu sein, sage ich mal. Vielleicht, wenn wir uns da jetzt auch nochmal anschauen, was sind denn da noch weitere Herausforderungen, vielleicht nicht nur für eure Arbeit, aber auch für die Klagen an sich. Also, ihr habt ja schon gesagt, es gibt immer mehr KlägerInnen, immer mehr Klagen. Ist das vielleicht auch eine gute Alternative zur Klimapolitik, wie sie zum Beispiel auf der Weltklimakonferenz gemacht wird?

Elisa Thomaset [00:19:24]:

Marlene Becker [00:19:59]:

Marlene Becker [00:19:59]:

Marlene Becker [00:19:59]: Wir sprechen ja immer davon, dass das ein strategischer Hebel ist und dass wir so gesehen Politik und Wirtschaft mit anschubsen wollen, Dinge zu beschleunigen. Aber es ist immer ein Zusammenspiel. Wir würden uns eigentlich wünschen, wenn wir nicht klagen müssten, wenn das gar nicht das Thema wäre. Und ich glaube, die Klägerinnen selbst auch. Weil Ich weiß nicht, alle, die vielleicht schon mal irgendwie mit der Justiz zu tun hatten oder vor Gericht standen, das sind anstrengende, lange Verfahren, die sind kostspielig. Ich glaube, wir können uns alle vorstellen, schönere Dinge in unserer Freizeit zu tun. Und deswegen wäre es uns eigentlich am liebsten, wenn die Politik schon an einem ganz anderen Punkt wäre.

Marlene Becker [00:19:59]:

Caroline Schroeder [00:20:30]:

Caroline Schroeder [00:20:30]:

Caroline Schroeder [00:20:30]: Ja, das glaube ich auch. Also Auf der anderen Seite sieht man auch, wenn man solche Präzedenzfälle schaffen kann durch Klimaklagen. Wie z.B. Die Klimaverfassungsbeschwerde, die diesen historischen Durchbruch verursacht hat. Da hat das Verfassungsgericht gesagt, das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung ist verfassungswidrig. Es schützt nicht die Grundrechte der jungen Generation, der nächsten Generation. Da muss unbedingt nochmal sozusagen, das muss nochmal nachgebessert werden. Und das ist ja schon sozusagen ein großer Erfolg, der einfach sehr viel bewegt. Man kann durch so eine Klimaklage natürlich dann doch sehr viel in Bewegung setzen. Ich glaube, das ist immer ein Zusammenspiel. Nicht nur Klimaklagen, sondern Es muss sich eben auch politisch was bewegen. Die Öffentlichkeitsarbeit ist ganz wichtig. Und eigentlich nur in dem Zusammenspiel kann man dann was bewirken.

Caroline Schroeder [00:20:30]:

Elisa Thomaset [00:21:23]:

Elisa Thomaset [00:21:23]:

Elisa Thomaset [00:21:23]: Du hast jetzt gerade auch noch mal die Verfassungsbeschwerde erwähnt. Die kam vorher auch schon mal ganz kurz auf. Könnt ihr dazu noch mal mehr sagen, wer genau hat da geklagt? Weil vielleicht ist das auch nicht allen so bekannt, worum es da genau ging und wie der Ausgang war, wenn du schon sagst, dass das so ein positives Ergebnis erzielt hat.

Elisa Thomaset [00:21:23]:

Caroline Schroeder [00:21:43]:

Caroline Schroeder [00:21:43]:

Caroline Schroeder [00:21:43]: Genau, die Verfassung, also Es gab vier Verfassungsbeschwerden insgesamt. Das war eine Verfassungsbeschwerde, die von German Watch und Protect the Planet and Greenpeace mit unterstützt wurde, wo neun Jugendliche geklagt haben. Unter anderem auch Lüke Recktenwald. Familie Recktenwald hatten wir eben schon, die auch auf EU-Ebene im People's Climate Case mit dabei waren. Da hat der Sohn eben entschieden, sich auch der Klimaverfassungsbeschwerde anzuschließen. Luisa Neuborff von Fridays for Future war mit dabei und eben weitere Jugendliche. Und genau, da gab es noch drei weitere, die eben von anderen Organisationen mit unterstützt wurden. Dann kamen DUH, BUND Und genau, diese Klimaverfassungsbeschwerden wurden sozusagen gebündelt vom Gericht bearbeitet. Und da gab es eben dann

Caroline Schroeder [00:21:43]:

Saúl Lliuya [00:22:27]:

Saúl Lliuya [00:22:27]:

Saúl Lliuya [00:22:27]: 2021

Saúl Lliuya [00:22:27]:

Caroline Schroeder [00:22:29]:

Caroline Schroeder [00:22:29]:

Caroline Schroeder [00:22:29]: das Urteil. Und die Forderungen von den Jugendlichen waren eben, dass das Klimaschutzgesetz nachgebessert werden muss. Also die Bundesregierung tut einfach nicht genug, ihre Grundrechte zu schützen. Und das Gericht hat dem tatsächlich stattgegeben. Das war noch in der Corona-Zeit. Ich weiß noch, dass wir diese Entscheidung eben bekommen haben. Schriftlich wurde die zugestellt und dann waren wir in einer Zoom-Konferenz mit Roda Verheyen und genau, haben das dann gemeinsam gelesen und waren ganz gespannt und haben dann gefeiert natürlich.

Caroline Schroeder [00:22:29]:

Elisa Thomaset [00:23:00]:

Elisa Thomaset [00:23:00]:

Elisa Thomaset [00:23:00]: Du hast gerade Roda Verheyen erwähnt. Das ist eine sehr bekannte Umwelt- und Klimarechtanwältin, der ja auch schon lange zusammenarbeitet. Da würde ich mal gerne ein super schönes, wie ich finde, Zitat von ihr mal einspielen lassen, wo es genau diesen Beschluss geht.

Elisa Thomaset [00:23:00]:

Roda Verheyen [00:23:22]:

Roda Verheyen [00:23:22]:

Roda Verheyen [00:23:22]: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Klimaschutz ein Menschenrecht ist, so wie wir es schon seit Jahrzehnten argumentieren. Und es hat auch entschieden, dass Reduktionsanstrengungen nicht zulasten zukünftiger Generationen verschoben werden dürfen auf morgen. Das ist aus meiner Sicht das ausführlichste und umfangreichste Urteil zum Bereich Umweltschutz und Menschenrechte überhaupt jemals. Es ist auch das weitgehendste international existierende Urteil in diesem Bereich. Ich habe seit Jahrzehnten vertreten, dass das Grundgesetz im Grunde einen effektiven Klimaschutz vorgibt, dass das ein Menschenrecht ist und heute wurde das bestätigt. Die Klage heute wäre aus meiner Sicht aber nicht möglich gewesen durch die vielen, vielen Menschen weltweit, die alle diesen Steinen den Berg hochgeschoben haben.

Roda Verheyen [00:23:22]:

Elisa Thomaset [00:24:12]:

Elisa Thomaset [00:24:12]:

Elisa Thomaset [00:24:12]: Ja, ich finde, in dem Zitat hört man noch mal Sehr schön, was ihr jetzt auch die ganze Zeit betont habt, dass es eben auch diese vielen betroffenen KlägerInnen, die zusammen sich vernetzen und zusammen für den Klimaschutz eintreten und für ihre Individualsituation, die aber ja sehr viele betrifft, eintreten.

Elisa Thomaset [00:24:12]:

Caroline Schroeder [00:24:33]:

Caroline Schroeder [00:24:33]:

Caroline Schroeder [00:24:33]: Genau, also sozusagen den jungen Menschen geht es eben darum, sie machen sich Sorgen ihre Zukunft. Sie sehen den Klimawandel und da sind einfach existenzielle Sorgen eigentlich da. Kann ich überhaupt noch frei wählen, wo ich später arbeiten möchte. Kann ich das Restaurant meiner Eltern auf der Nordseeinsel übernehmen oder den Hof auf Pellworm? Wird es die Insel in Zukunft noch geben? Von Daher setzen die sich natürlich für sich und für ihre Zukunft ein. Aber das betrifft ja ganz, ganz viele einfach. Und nicht nur hier in Deutschland, sondern weltweit. Diese Verfassungsbeschwerde oder dieses Urteil hat eben große Wellen geschlagen. Also nicht nur in Deutschland, auch was die Klimapolitik angeht, sondern eben auch international. Zum Beispiel gab es jetzt auch eine Verfassungsbeschwerde, eine ähnliche Klimaklage in Südkorea, wo eben genau diese Argumente auch aufgegriffen werden oder auch in anderen Klagen, zum Beispiel vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Also da merkt man eben auch, ein Urteil hat eben genau, setzt viel in Bewegung, auch im Bereich anderer Verfahren weltweit.

Caroline Schroeder [00:24:33]:

Elisa Thomaset [00:25:39]:

Elisa Thomaset [00:25:39]:

Elisa Thomaset [00:25:39]: Und wie sieht das bei euch aus? Wie geht es bei euch jetzt weiter?

Elisa Thomaset [00:25:39]:

Marlene Becker [00:25:44]:

Marlene Becker [00:25:44]:

Marlene Becker [00:25:44]: Ich wollte noch was kurz ergänzen zu dem Thema. Es gibt ja nicht nur die jungen Leute, die klagen, es gibt auch die sogenannten Klimaseniorinnen in der Schweiz, die jetzt mittlerweile vom Europäischen Menschengerichtshof sind. Und da ist es zum Beispiel dann auch wieder so ein Brückenbauen oder ein Puzzleteil, wie wir uns verbinden. Und zwar ihre Klage wird wiederum von, ich sag jetzt mal von German Watch und unserer Klage und Roda Verheyen unterstützen, dem Argumente aus dem Klimabeschluss dann auch wieder vor das europäische Gericht angetragen werden und so baut sich dieses Mosaik, dieses Puzzleteil der Klimaklagen dann immer weiter auf. Und was bei uns jetzt dann so gesehen dieses Jahr noch ansteht, was ganz wichtig ist, ist die mündliche Verhandlung im Fall gegen RWE. Da gab es im letzten Jahr eine Beweisaufnahme in Huaraz und wir warten darauf, dass die Argumente jetzt vor Gericht dann nochmal am Ende des Jahres vorgetragen werden. Da geht es das Flutrisiko, dem Huaraz, insbesondere dem Haus des Klägers, weil das dann betroffen ist. Darauf warten wir, dass das dann hoffentlich in diesem Jahr dann noch vor dem Oberlandesgericht in Hamm stattfinden wird.

Marlene Becker [00:25:44]:

Caroline Schroeder [00:26:40]:

Caroline Schroeder [00:26:40]:

Caroline Schroeder [00:26:40]: Genau, und was Marlene jetzt erwähnt hat, die Klimaklage der Klimaseniorinnen aus der Schweiz, da gibt es noch eine weitere Klage, die wir sozusagen auch mit unterstützen, indem wir eine Drittintervention einreichen. Das kann man vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte machen. Da gibt es eine Klage neben den Klimasenioren auch von jungen Menschen aus Portugal, die gesagt haben, wir klagen nicht nur gegen unsere Regierung, sondern gegen 33 Staaten insgesamt, weil die alle nicht pariskompatibel Klimaschutz betreiben. Die sind vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen. Da ist die Klage tatsächlich an die Große Kammer weitergeleitet worden. Die Große Kammer zeigt schon, dass der Klage großer Bedeutung beigemessen wird. Da werden Fälle verhandelt, die von grundsätzlicher Bedeutung sind. Ende September wird da die mündliche Verhandlung stattfinden. Und genau als Drittintervenient kann man sozusagen weitere Argumente noch mit einbringen in das Verfahren. Das haben wir gemacht über, also eben auch mit der Unterstützung von Rudolf Hain und Gerd Winter. Und ja, Argumente eben auch aus dem Klimabeschluss. D.h., da finden die auch noch mal Verwendung. Wir hoffen natürlich, dass das in diesem Verfahren auch hilft, dass es da zu einem guten Urteil kommt für die Klagenden. Das ist natürlich auch eine besondere Klage gegen 33 Staaten. Da sind wir sehr gespannt, wie da die mündliche Verhandlung ablaufen wird mit Rechtsvertretern von so vielen Ländern. Ich glaube, das ist auch sehr einmalig. Also von daher wird das auch sehr spannend, wie es da weitergeht.

Caroline Schroeder [00:26:40]:

Elisa Thomaset [00:28:10]:

Elisa Thomaset [00:28:10]:

Elisa Thomaset [00:28:10]: Ja, das glaube ich. Das klingt auf jeden Fall super spannend und besonders auch vor dem Hintergrund mit dem Erfolg der Verfassungsbeschwerde ja irgendwie sehr ermutigend, auch für die neuen Fälle. Wie ist das denn, wenn ich das jetzt hier höre, was ihr erzählt, und ich würde auch gerne irgendwie aktiv werden und eure Arbeit irgendwie unterstützen. Habt ihr da Irgendwas, was ich tun kann?

Elisa Thomaset [00:28:10]:

Marlene Becker [00:28:31]:

Marlene Becker [00:28:31]:

Marlene Becker [00:28:31]: Ja, wenn du zum Beispiel Saul und den Fall gegen RWE unterstützen magst, dann, wir haben eine ganz tolle Mitmachaktion gemacht. Da kann man persönliche Botschaften für Saul hinterlassen und unterschreiben. Wir haben

Marlene Becker [00:28:31]:

Sunna Rensber [00:28:42]:

Sunna Rensber [00:28:42]:

Sunna Rensber [00:28:42]: jetzt auch schon fast tausend, wir haben

Sunna Rensber [00:28:42]:

Marlene Becker [00:28:43]:

Marlene Becker [00:28:43]:

Marlene Becker [00:28:43]: schon über tausend Unterzeichnende. Und da wäre es schön, wenn du, Saul, vielleicht eine ermutigende Nachricht hinterlässt, der schon so lange vor Gericht kämpft. Da kann man nochmal gut Rückenwind gebrauchen.

Marlene Becker [00:28:43]:

Caroline Schroeder [00:28:52]:

Caroline Schroeder [00:28:52]:

Caroline Schroeder [00:28:52]: Genau und klar, ganz wichtig ist natürlich, sich einfach mehr über das Thema zu informieren und darüber zu berichten, was wir ja auch machen, die Geschichten erzählen, der Klägerfamilien, einfach diese Betroffenheit und einfach diese Dringlichkeit auch noch mal zu unterstreichen.

Caroline Schroeder [00:28:52]:

Elisa Thomaset [00:29:08]:

Elisa Thomaset [00:29:08]:

Elisa Thomaset [00:29:08]: Das klingt auf jeden Fall schon mal sehr gut. Besonders bei der Mitmachaktion, finde ich, das stellt ja noch mal super schön heraus, was ihr vorher so betont habt, dieses so gegenseitig Solidarisieren und Zusammenhalten und auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit irgendwie mehr zu generieren oder mehr zu schaffen einfach. Wenn wir jetzt nochmal unser Gespräch hier Revue passieren lassen, was würdet ihr sagen sind die fünf wichtigsten Punkte, die man mitnehmen sollte über Klimaklagen?

Elisa Thomaset [00:29:08]:

Marlene Becker [00:29:38]:

Marlene Becker [00:29:38]:

Marlene Becker [00:29:38]: Ja, Klimaklagen sind ein strategischer Hebel, aber nicht alleine die Lösung für ambitionierteren Klimaschutz.

Marlene Becker [00:29:38]:

Caroline Schroeder [00:29:45]:

Caroline Schroeder [00:29:45]:

Caroline Schroeder [00:29:45]: Bei Klimaklagen geht es nicht nur das Individualinteresse einer Person, der Klägerperson, sondern es geht eben weitreichendere Folgen. Also es geht eigentlich darum, gesellschaftlich auch was zu bewegen, Gesetze zu ändern, dass Klimaschutz ambitionierter wird und das betrifft ja uns alle. Es hat Folgen für uns alle.

Caroline Schroeder [00:29:45]:

Marlene Becker [00:30:04]:

Marlene Becker [00:30:04]:

Marlene Becker [00:30:04]: Ich glaube, ganz wichtig ist, dass wir durch die Klimaklagen die Geschichten und Stimmen von Menschen hören, die sonst in den öffentlichen Debatten keine große Rolle spielen würden. Das heißt, Klagen geben Betroffenen auch eine laute Stimme.

Marlene Becker [00:30:04]:

Caroline Schroeder [00:30:17]:

Caroline Schroeder [00:30:17]:

Caroline Schroeder [00:30:17]: Und es geht auch ganz stark sozusagen Vernetzung. Also eine Klimaklage steht nicht für sich. Die Verfassungsbeschwerde wäre nicht möglich gewesen, ohne zum Beispiel ein Urteil aus den Niederlanden. Der Klimabeschluss wurde wiederum, wie wir gesagt haben, in Südkorea, oder die Klimaklage wurde repliziert sozusagen. Es gibt Klimaklagen in anderen Ländern, also weltweit. Und ich glaube, jede Klimaklage ist so ein bisschen ein Stein sozusagen zum Ufer. Und genau, sorgt eben auch für eine gewisse Rechtsfortbildung, sodass einfach über Gerichte genau mehr Klimaschutz dann passiert.

Caroline Schroeder [00:30:17]:

Elisa Thomaset [00:30:56]:

Elisa Thomaset [00:30:56]:

Elisa Thomaset [00:30:56]: Da hast du ja schon fast zwei Punkte in einem genannt, mit jetzt noch der Rechtsfortbildung. Stimmt,

Elisa Thomaset [00:30:56]:

Caroline Schroeder [00:31:00]:

Caroline Schroeder [00:31:00]:

Caroline Schroeder [00:31:00]: ja, das kann sein. Und ich glaube, wichtig ist eben auch zu wissen, okay, es ist nicht sozusagen, man klagt, weil man Lust dazu hat, sondern ich glaube, es geht eben darum, weil man auch gerade keine andere Möglichkeit sieht, weil die Politik sich einfach nicht genug bewegt sozusagen. Und Man möchte politischen Druck natürlich auch dadurch generieren und ein Bewusstsein dafür, dass einfach Grundrechte schon heute jetzt verletzt werden und der Klimawandel hier jetzt einfach auch in Deutschland, in Europa angekommen ist und weltweit.

Caroline Schroeder [00:31:00]:

Elisa Thomaset [00:31:34]:

Elisa Thomaset [00:31:34]:

Elisa Thomaset [00:31:34]: Dieses Jahr wird also spannend. Sowohl die Verhandlungen in Straßburg vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als auch die mündliche Verhandlung im Fall RWE stehen an. Wenn ihr mehr über die Klage von Saúl gegen den europäischen Energiekonzern RWE erfahren wollt, abonniert am besten unseren Podcast. Denn in der nächsten Folge erzählen euch Caro und Marlene mehr über Saul und seine Beweggründe für die Klage, erklären euch die Hintergründe zum Fall und berichten über alle aktuellen Entwicklungen. Wenn ihr bis da nicht warten könnt, schaut doch gerne schon mal auf der Website des Falls vorbei. Die ist mit vielen anderen hilfreichen und interessanten Tipps rund ums Thema Klimaklagen in den Show-Notes zu finden. Ihr habt Fragen, Anregungen, Ideen oder wollt über einen anderen Bereich bei GermanWatch mehr erfahren, dann schreibt uns gerne eine E-Mail an podcast at germanwatch.org. Wir freuen uns auf eure Meldung.